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06.12.2025
Computerspiele für Jungs - Chance oder nur Schrott?
Ich möchte heute über ein kontrovers diskutiertes Thema schreiben.
Ein Artikel, den ich kürzlich gelesen habe, hat mich dazu inspiriert und ich fasse hier die interessantesten Stellen für Euch zusammen, einige Stellen sind direkt übernommen worden. Über einen regen Austausch zu diesem Thema würde ich mich sehr freuen, schreibt mir gerne eine Mail, was Ihr dazu denkt :-)!
Eine Organisation in Hannover , die sich speziell mit dem Thema Jungen und Mannwerdung beschäftigt, beobachtet, dass Jungen ganz besonders von der Kontrollerfahrung im Spiel also auch im virtuellen Spiel fasziniert sind.
Diese äußert sich zum einen in der Kontrolle der Spielsituationen und zwar so, wie es Jungs in der Realität selten bis niemals gelingt.
Auf der anderen Seite geht es ganz besonders um die Erlebnisse von
Fertigkeit, Geschick und eben Selbstkontrolle.
Folgende Punkte sind bei Jungs im Spiel zu beobachten:
- Jungen lieben das Machbare
- Jungen begeistert die Zielerreichung
- Jungen fasziniert das (An-)Fassbare
- Jungen begeistert die Beherrschung
- Jungen interessiert das Technische
Computeranimierte Videospiele bieten dementsprechend ein besonderes Medium, um den Modus des Kontrollierens zu erleben.
Jungen kontrollieren gerne das Machbare, die (Spiel-)Situation, den Gegner und letztendlich sich selbst und ihr Geschick.
Die Faszination der Kontrolle ist hier der zentrale Punkt den Jungs beim Computerspielen gewinnen.
Und vor diesem Hintergrund verstehen wir, dass die
Kontrolle zu behalten, bedeutet, nicht „draußen zu sein“!
Problematische Nutzung
Eindeutige Zusammenhänge zwischen „unerwünschtem Handeln“ und Computernutzung sind nach dem aktuellen Kenntnisstand der Medienforschung nicht erkennbar.
Vielmehr können Risikofaktoren für jugendliches entgrenzendes Handeln von (mit der Spitze des gewalttätigen Agierens)benannt werden.
Dies ist umso wahrscheinlicher,
- je mehr sich Jungen anderen Jungen unterlegen fühlen
- und je mehr sie sich auch sonst überfordert fühlen
- je weniger Rückhalt sie zu Hause erfahren (fehlende Bindungssicherheit)
- je weniger sie gemeinsam mit Anderen spielen
- je weniger Bildungschancen sie besitzen (Abschlüsse)
- je mehr wirtschaftlichen Druck die Familie erlebt
- je weniger Alternativen das soziale Umfeld anbietet .
Die sozialen, wirtschaftlichen und dann psychischen Ressourcen entscheiden also zentral darüber, ob und inwiefern Jungen kompetent spielen lernen können.
Oder umgekehrt pointiert:
Je verunsicherter ein Junge ist, z.B. durch fehlende Bildungschancen und durch fehlende Begleitung im sozialen Raum, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass Computerspiele potentielles Gewalthandeln individuell fördern.
Chancen und Risiken des Computerspiels
Neben den Risiken einer Realitätsflucht in virtuelle Welten können Jungs mithilfe des digitalen Mediums und besonders im Spiel auch echte Kompetenzen erwerben.
Hier sind hervorzuheben:
Kognitive Fähigkeiten, wie etwa das räumliche Vorstellungs-vermögen, soziale und psychische Kompetenzen werden geschult und ausgebaut Auch lernen sie ihre eigenen Grenzen zu erfahren und zu achten. Sie lernen mit Frustrationen angemessen umzugehen.
Gegen den für die Jugendphase typischen, narzisstischen Kontrollverlust üben sie das „virtuelle Satt-werden“ und lernen sich damit quasi natürlich zu begrenzen.
In der Realität werden diese Chancen im Spiel jedoch allzu oft und allzu leichtfertig vergeben, zum Teil durch die Jungen selbst, doch vermehrt durch (technikfeindliche ? ) Pädagog(inn)en und hervorgehoben durch extrem beschäftigte und verunsicherte Eltern.
Werden Jungen jedoch angemessen auf ihrem Wege zum Erwachsensein begleitet, dann schwindet der quantitative Medienkonsum auf ein gesundes Maß.
Werden Jungs jedoch pädagogisch unterstützt, dann wächst das Computer-/Konsolenspiel zur sinnvollen Lernergänzung.
Einengende und möglicherweise gewaltbereite Einstellungen können vermindert bis beseitigt werden, wenn es uns gelingt, die jeweilig angebotene Ideologie von Männlichkeit gemeinsam mit den Jungen als zerstörerisch zu entlarven. Jungen können auch jenseits des Kampfes Spaß erleben!
Eine angemessene Unterstützung von Jungen kann gelingen, wenn wir folgende Leitlinien beachten:
Interessieren wir uns für die Welten von Jungen!
Lernen wir von Jungen, auch wenn wir damit die Position des Mächtigeren verlassen!
Seien wir im sozialen Nahraum vorhanden, aber nicht eindringend!
Fragen wir und lassen wir uns dabei irritieren, ohne selbst dabei „zu verschwimmen“!
Thematisieren wir die Gewaltspirale!
Bieten wir alternative, nicht schwarz-weiße „Märchenwelten“ an!
Erkunden wir gemeinsam die ideologischen Bedingungen ihres Jungeseins und Mann-werden-müssens .
Geben wir stets eine Rückmeldung, damit Jungen, die Konsequenzen ihres Denkens, Meinens, Handelns und eben „Einspielens“ erfahren können.
Versuchen wir gemeinsam mit den/dem Jungen die Faszination an der Kontrolle zwischen (zu vermeidender) Ohnmacht und (virtueller) Macht zu verstehen und aufzuheben, indem Jungen lernen, sich in ihrer sozialen Umgebung zu behaupten.
Unterstützen wir auch erwachsene Bezugspersonen darin, für ihre Jungen greifbar zu sein.
Fazit: Bieten wir möglichst viel reflektierte Mitmännlichkeit z.B. in Form von Jungenprojekten, zu Hause oder auch im Kinder- und Jugendcoaching an. 😀
(Quellenangabe: Olaf Jantz: Endlich wirklich wirksam! Jungen und die Welt der Computerspiele – (k)eine Gewaltfalle?)